Politisches System des Auenlandes: Unterschied zwischen den Versionen
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* Die starke Betonung der Familie und des Subsidiaritätsprinzips erinnern zudem an die katholische Soziallehre, von welcher der gläubige Katholik Tolkien wahrscheinlich beeinflusst war. | * Die starke Betonung der Familie und des Subsidiaritätsprinzips erinnern zudem an die katholische Soziallehre, von welcher der gläubige Katholik Tolkien wahrscheinlich beeinflusst war. | ||
* Tolkien selbst bezeichnet das Auenland als eine „halbaristokratische Halbrepublik“. (J. R. R. Tolkien: ''[[Briefe]]''. Brief Nr. 183: ''Anmerkungen zu [[W. H. Auden]]s Besprechung des ''Return of the King'''.) | * Tolkien selbst bezeichnet das Auenland als eine „halbaristokratische Halbrepublik“. (J. R. R. Tolkien: ''[[Briefe]]''. Brief Nr. 183: ''Anmerkungen zu [[W. H. Auden]]s Besprechung des ''Return of the King'''.) | ||
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Aktuelle Version vom 26. August 2013, 17:29 Uhr
Das Auenland ist offiziell ein Teil des Nördlichen Königreichs, genießt tatsächlich aber größte Selbständigkeit.
Geschichte und politischer Status
Im Jahr 1600 D. Z. zogen die Falbhäutebrüder Marcho und Blanco mit Erlaubnis des Königs von Arnor von Bree aus über den Baranduin und siedelten sich im Land westlich des Flusses an. Als Gegenleistung wurde lediglich von ihnen verlangt, dass sie die Straßen und Brücken des Königs in Ordnung hielten und seine Oberhoheit anerkannten. Dieses Arrangement kann als Gründungsmoment des Auenlandes betrachtet werden.
In der Folge genossen die Bewohner des Auenlandes weitgehende Unabhängigkeit. Lediglich ihre Gesetze führten sie auf die Autorität des Königs zurück - auch dann noch, als das nördliche Königtum längst nicht mehr bestand.
Nach dem Ringkrieg und der Wiederherstellung des Königtums verkündete König Elessar einen Erlass, der das Auenland zum Freien Land unter dem Schutz des Nördlichen Zepters machte und es Menschen verbot, das Auenland zu betreten.
Gesellschaftliche Verfasstheit und Politik
Das ländlich geprägte Auenland kann im Grunde als Ständegesellschaft beschrieben werden. Es gibt 12 aristokratische und wohlhabende Hobbitfamilien (Edelhobbits): die Beutlins, Boffins, Bolgers, Brandybocks, Grubers, Hornbläsers, Lochners, Pausbackens, Sackheims, Stolzfußens, Straffgürtels und die Tuks. Diese weitverzweigten Familien leben von ihren ererbten Vermögen bzw. von ihrem Landbesitz und regeln ihre Angelegenheiten weitgehend selbst. (Eine Ausnahme stellen - als Seitenzweig der Beutlins - die Sackheim-Beutlins dar, die vom einträglichen Anbau des Pfeifenkrauts leben.) Nach menschlichen Begriffen entsprechen diese Familien allerdings eher Großbürgern als Aristokraten.
Die restlichen Bewohner des Auenlandes sind mehrheitlich Bauern, Dienstleute und kleine Gewerbetreibende (z.B. Handwerker, Müller oder Gastwirte). Auch in diesen Schichten ist die Großfamilie die bedeutendste gesellschaftliche Einheit. Eine Lehnsherrschaft im eigentlichen Sinne üben wahrscheinlich nur die bedeutenden Familien der Tuks und Brandybocks aus, die auf ihren Ländereien weitgehend unabhängig vom restlichen Auenland schalten und walten. Die besondere Bedeutung der Familie Beutlin rührt dagegen nicht von ihrem Reichtum oder ihrem Landbesitz, sondern von ihrer Rolle im Ringkrieg.
Diese Ständegesellschaft beruht eher auf gegenseitiger Anerkennung als auf politischem Zwang. Klassengegensätze sind praktisch nicht vorhanden, was wohl auf den materiellen Wohlstand des Auenlandes zurückzuführen ist. Daraus erklärt sich das weitgehende Fehlen politischer Institutionen und Ausgleichsmechanismen. Das Subsidiaritätsprinzip ist in der auenländischen Gesellschaft, wohl bedingt durch die starke Stellung der Großfamilien, nahezu vollkommen verwirklicht.
Institutionen und Behörden
Der Ehrenvorrang unter den auenländischen Ämtern gebührt dem Thain. Dieser ist Stellvertreter des Königs, Vogt der Volksversammlung und Hauptmann der Auenland-Heerschau. Volksversammlung und Heerschau werden nur in Krisenzeiten einberufen, welche im Auenland äußerst selten vorkommen, weswegen das Amt des Thains im Grunde ein Ehrentitel ist. Es wird seit geraumer Zeit von dem Tuk gehalten, also dem Oberhaupt der gleichnamigen Familie.
De facto weitaus bedeutendster Amtsträger ist der Bürgermeister von Michelbinge, der größten Ansiedlung des Auenlandes. In seinen Zuständigkeitsbereich fällt die Aufsicht über Behörden wie die Post und die Landbüttel. Die Post ist die wichtigste dieser Behörden, da die Hobbits sehr kommunikationsfreudig sind. Darüber hinaus beschränkt sich die Amtstätigkeit des Bürgermeisters auf die Eröffnung von Banketten u.ä. Zur Beratung standen dem Bürgermeister sogenannte Hobbit-Honoratioren zur Verfügung, bei denen es sich wohl um lokale Gutsherren oder Großgrundbesitzer handelte, allerdings hielten sich die politischen Besprechungen wohl in Grenzen, so dass vorrangig über die Speisenabfolge bei Auenland-Banketten gesprochen wurde.
Die Landbüttel sind für die innere Sicherheit des Auenlandes zuständig. Da die auf den König zurückgeführten Gesetze aber fast uneingeschränkte Anerkennung genießen (und dem Einzelnen anscheinend fast uneingeschränkte Freiheit lassen), haben die Landbüttel nicht sonderlich viel zu tun. Eine Sondereinheit der Landbüttel sind die Grenzer, welche die Grenzen des Auenlandes bewachen sollen.
Eher der gesellschaftlichen Tradition als der politischen Nomenklatur entstammt die Bedeutung von Ämtern wie dem Tuk und dem Herrn von Bockland, die als Oberhäupter der Familien Tuk und Brandybock über weitverzweigte Familienimperien zu regieren haben. Nach dem Ringkrieg, im Vierten Zeitalter, kommt die neu begründete Edelhobbitfamilie der Schönkinds hinzu, deren Oberhaupt vom Thain zum Verweser der Westmark ernannt wird und somit eine ähnliche Rolle einnimmt wie der Tuk und der Herr von Bockland.
Die Ernennung von Thain Peregrin, des Herrn Meriadoc von Bockland und des Bürgermeisters Samweis von Michelbinge zu Ratsherren des Nördlichen Königreichs durch König Elessar bedeutet wohl nicht die Errichtung eines ständigen regierungsähnlichen Gremiums.
Der weitgehend zeremonielle Charakter sämtlicher Ämter ist Ausdruck der nahezu vollständigen Abwesenheit von staatlicher Herrschaft in der auenländischen Gesellschaft, die ihr besonderes Charakteristikum ist.
Landesverteidigung
Die Streitmacht des Auenlandes sind die Hobbit-Wehren. Da diese jedoch kein stehendes Heer sind, wurde die Verteidigung des Auenlandes im Dritten Zeitalter faktisch von den Waldläufern des Nordens übernommen.
Sonstiges
Der ausgeprägte Sinn der Hobbits für Höflichkeit, Gastfreundschaft und familiären Zusammenhalt nimmt in der auenländischen Gesellschaft häufig die Funktion von Gesetzen und verbindlichen Regeln ein. Die königlichen Gesetze genießen zwar hohes Ansehen, jedoch kommen Straf- und Zivilrecht im Grunde nie zum praktischen Vollzug, wie das völlige Fehlen eines Justizsystems zeigt.
Die drei Hobbitstämme der Falbhäute, Starren und Harfüße spiegeln sich in den lokalen Eigenheiten der Auenlandregionen wieder, spielen im politischen System jedoch keine direkte Rolle.
Die fremdenfeindliche und provinzielle Seite der auenländischen Gesellschaft kommt im Verhalten gegenüber Ausländern zum Vorschein: Während Zwerge, die als Handelsreisende häufig das Auenland über die Oststraße durchqueren, gerade noch geduldet sind, gelten Menschen und Zauberer als mehr oder minder unerwünscht.
Hintergrund
- Das gesellschaftliche und politische Leben des Auenlandes erinnert an eine Idealisierung des ländlichen Englands des edwardianischen Zeitalters, in dem J. R. R. Tolkien aufwuchs.
- Die starke Betonung der Familie und des Subsidiaritätsprinzips erinnern zudem an die katholische Soziallehre, von welcher der gläubige Katholik Tolkien wahrscheinlich beeinflusst war.
- Tolkien selbst bezeichnet das Auenland als eine „halbaristokratische Halbrepublik“. (J. R. R. Tolkien: Briefe. Brief Nr. 183: Anmerkungen zu W. H. Audens Besprechung des Return of the King.)
Quellen
J. R. R. Tolkien: Der Herr der Ringe.
- Prolog
- Erstes Buch
- Erstes Kapitel: Ein langerwartetes Fest
- Anhänge
J. R. R. Tolkien: Briefe.
- Nr. 25
- Nr. 156
- Nr. 183