Sigelwara Land

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Sigelwara land

von J.R.R. Tolkien

Daten

  • Art: Aufsatz in zwei Teilen
  • veröffentlicht in:
    Teil 1: Medium Ævum Vol. 1, Nr. 3 (Dezember 1932), S. 183-196
    Teil 2: Medium Ævum Vol. 3, Nr. 2 (Juni 1934), S. 95-111

Beschreibung

In seinem Aufsatz Sigelwara land beschäftigt sich J.R.R. Tolkien mit der Frage, warum die Angelsachsen eine eigene Bezeichnung für die Äthiopier hatten und was der Name bedeutete.

Im ersten Teil führt Tolkien alle Stellen auf, an denen der altenglische Begriff Sigelwaran und dessen häufigere Form Sigelhearwan vorkommen.

Tolkien glaubt, dass der Name Sigelhearwan bereits existierte, bevor die Angelsachsen je von Äthiopiern gehört hatten, und dass in ihm ein Teil der "untergegangenen einheimischen Mythologie [...] oder halbmythischen Geographie" bewahrt ist. Entsprechend sei es sehr wahrscheinlich, dass die Bestandteile des Wortes alt und deren Bedeutungen unklar seien. Er untersucht ihre Formen und kommt zu dem Ergebnis, dass Sigelwara vermutlich eine recht späte Entstellung sei, geprägt von Menschen, die den ursprünglichen Namen nicht mehr verstanden. Diese hätten anscheinend Sigel für eine geographische Bezeichnung gehalten und das ihnen unbekannte hearwa durch wara (dt. Bewohner) ersetzt.

Im zweiten Teil des Aufsatzes geht Tolkien auf die Bedeutung der beiden Bestandteile des Wortes ein:

Sigel ist mit der Bedeutung Sonne, aber auch Edelstein, mehrfach belegt. In welchem Sinne es hier gebraucht wurde, kann auch er nicht endgültig klären. Im Allgemeinen wird angenommen, dass es Sonne bedeutet, was auch Tolkien für wahrscheinlich hält.

Die Bedeutung von hearwa bleibt unklar. Tolkien diskutiert drei Möglichkeiten ausführlicher:

  • Es ist abgeleitet von einem indoeuropäischen Stamm *qer(s) (dt. schwarz). Ein Sigelhearwa wäre danach jemand, den die Sonne schwarz gemacht hat.
  • Es stammt ab vom germanischen Farbadjektiv *haswo- mit ähnlicher Bedeutung.
  • Es ist verwandt mit gotisch haúri (dt. Kohle) und altnordisch hyr-r (dt. Feuer). Tolkien meint, in diesem Fall hätten die Angelsachsen, als sie den Namen Sigelhearwan geprägt hatten, wohl eher an die Söhne Múspells gedacht als an die Kinder Hams. Múspell ist ein Feuerriese der nordischen Mythologie, dessen Söhne bei den Ragnarök gegen die Götter kämpfen und in einem gewaltigen Brand die Welt vernichten. Ham ist laut Bibel (1. Mos. 5,32) der Sohn Noahs und Stammvater der Hamiten, der Völker Nordafrikas und Südarabiens (1. Mos. 10, 6-20).

Tolkien schließt mit der Feststellung, dass Untersuchungen dieser Art zwar zwangsläufig ergebnis-, nicht aber sinnlos seien: sie gewährten einen flüchtigen Einblick in den Hintergrund der englischen und nordischen Traditionen und die Vorstellungswelt einer Vergangenheit, die schon verblasst war, als die ersten schriftlichen Überlieferungen entstanden.

Sonstiges

  • Die beiden Teile des Aufsatzes werden kurz besprochen in The Year's Work in English Studies Vol. XIII bzw. XV.
  • Tom Shippey weist in seinen Büchern The Road to Middle-Earth und J.R.R. Tolkien - Autor des Jahrhunderts darauf hin, dass die Verschmelzung von Sonne und Edelstein im Wort sigel möglicherweise etwas mit Tolkiens Vorstellung der Silmarils zu tun hat, die im Silmarillion beschrieben werden als Edelsteine, in denen Feanor das Licht der Bäume von Valinor eingefangen hat. Gleichermaßen erinnert die Erklärung der Sigelhearwa an die Beschreibung des Balrogs im Herrn der Ringe: "Es war zugleich ein Schatten und eine Flamme, stark und entsetzlich."
  • Der Titel des Aufsatzes, Sigelwara land, stammt aus einem dem Aufsatz vorangestellten Zitat aus dem altenglischen Text Exodus (Zeilen 69-71):
    Sigelwara land, forbærned burh-hleoðu, brune leode, hatum heofoncolum.
In seiner Ausgabe des Textes, The Old English Exodus, posthum zusammengestellt aus Vorlesungsmaterialien, übersetzt dies Tolkien mit Sundwellers' land, hill-slopes scorched and folk grown swart under the hot surface of the skies (dt. Land der Sonnenbewohner, verdorrte Abhänge und Menschen, die unter der heißen Oberfläche des Himmels dunkel geworden sind).

Quellen