WETA

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Über 900 handgefertigte Rüstungen, mehr als 2000 Waffen, 20.000 Haushaltsgegenstände und über 1600 Paar Hobbitfüsse ...

Niemand hatte wohl so viel Arbeit bei diesem filmischen Meisterwerk zu leisten wie die kleine neuseeländische Spezial-Effektschmiede WETA, die die gesamte Filmproduktion überhaupt erst möglich machte. Denn zusammen mit WETA entwickelte Peter Jackson 1997 erste Probeaufnahmen, mit denen er nach Hollywood pilgerte, um Rechteinhaber und Finanziers von seiner Vision zu überzeugen. Erst dieses Video-Band der Weta-Crew hat die Erschaffung der drei Filme ermöglicht, und letztendlich kam alles auf sie zurück, denn in der fertigen Filmtrilogie wird es keine einzige Sekunde geben, in der nicht irgendwelche Details aus den Händen der Effekt-Techniker stammen. Aber vor allem eine Person muss an aller erster Stelle genannt werden: Richard Taylor. Taylor und Peter Jackson sind schon seit 1989, seit sie zusammen "Meet the Feebles" inszenierten, miteinander befreundet, und Taylor gehört zu dem engen Kreis der Personen, die von Anfang an bei der Planung dieser Produktion mit dabei waren. Lange bevor man sich nach Schauspielern umsah oder um die Filmrechte verhandelte, saß Richard Taylor schon bei Peter Jackson im Wohnzimmer und entwickelte mit ihm diese verrückte Idee, den "Herrn der Ringe" zu verfilmen.

WETA unterteilt sich in zwei Departements: Auf der einen Seite gibt es WETA Workshop, zuständig für Masken, Blut, Modelle, Requisiten und vor allem die Effekte vor Ort, und auf der anderen Seite existiert WETA Digital, die für die Computer-Effekte und die Nachbearbeitung zuständig sind. Beide Abteilungen agieren Hand in Hand. Die Effekte sollten zwar Bekanntes in den Schatten stellen, aber trotzdem niemals die Hauptrolle der Filmtrilogie spielen. Vielmehr dienten sie als ein Mittel zum Zweck. Peter Jackson betonte immer wieder, dass es ihm um die Geschichte der Charaktere geht, die auf keinen Fall von den Effekten verdrängt werden dürfen, wie es so oft bei schlechten Fantasy-Filmen der Fall war. Und das Konzept ging auf! Die Effekte sind so gut, dass sie im Zusammenhang des Films nicht hervorstechen, sondern einfach eine atemberaubend realistische Grundlage bieten. Besonders preisverdächtig waren vor allem jene Effekte, die man nicht auf den ersten Blick als solche wahrnahm. Nicht der Balrog oder der Höhentroll sind es, die diese Arbeit der Effektcrew so einzigartig machen, sondern Effekte wie malerische Landschaften, Bäume im Hintergrund, durch die sich die Sonnenstrahlen ihren Weg bahnen und vor allem die Größe der Hobbits. Der Effekt der Größenverhältnisse zwischen den verschiedenen Völkern wurde von beiden Abteilungen bei WETA bewältigt. Um die Hobbit-Darsteller auf der Leinwand nur knapp einen Meter groß erscheinen zu lassen, wurden die unterschiedlichsten Tricks verwendet. Ein einfacher Trick bestand beispielsweise darin, so genannte Scale-Doubles zu verwenden, also sehr kleine oder so große Doubles, die in bestimmten Szenen die Hobbits, beziehungsweise die anderen Darsteller darstellen. Das größte Scale-Double war etwa 2,30 m groß und wurde sehr oft eingesetzt, und zwar immer dann, wenn die Hobbits in "Over-Shoulder-Shots" zu sehen waren. Wenn also ein Hobbit zu einem der großen Charaktere, beispielsweise Aragorn, spricht und zu ihm hinaufschaut, sieht man den Rücken von Aragorn. Dabei handelte es sich dann aber nur um das Scale-Double im übergroßen Aragorn-Kostüm! Die kleinen Scale-Doubles wurden auch für weite Panorama-Aufnahmen eingesetzt oder wenn die Gesichter nicht sichtbar sind – zum Beispiel wenn Ian McKellen als der Zauberer Gandalf seinen alten Freund Bilbo umarmt und man nur Bilbos Haarschopf sieht. Aber man kann einen Darsteller auch schrumpfen lassen, in dem man die Umgebung um ihn herum einfach vergrößert. Diese Variante nennt sich dann "Scale-Sets". Beispielsweise in Bilbos Höhle Beutelsend bot sich diese Lösung des Größenproblems an. Produktions-Designer Grant Major und Art Director Dan Hennah entwarfen zwei völlig identische Kulissen mit zwei unterschiedlichen Maßstäben. Beide Sets wurden aus den echten identischen Materialien gefertigt, mit dem Unterschied, dass ein Set eben 40% kleiner als das andere war. In dem kleinen Set spielten nun die Schauspieler mit den großen Rollen, wie etwa in diesem Fall Ian McKellen als Gandalf. Dadurch, dass das Set so klein ist, wirkt Gandalf sehr groß und muss sich bücken, um durch die Türen zu passen. Die Hobbits wurden dann an dem anderen, großen Set gefilmt. Crew-Mitglieder berichteten amüsiert, dass man vor allem an den kleinen Sets öfters einen dumpfen Schlag vernahm, auf den dann ein ärgerliches "Autsch!" folgte. Diese verschiedenen Aufnahmen wurden nun von den Computertechnikern ineinander montiert, was sich als besonders schwer erwies, wenn die Protagonisten körperlichen Kontakt haben sollten, wie in der Szene, wo Bilbo dem Zauberer seinen Stab und Mantel abnimmt. Doch alle zusammengeschnittenen und montierten Aufnahmen ergaben die perfekte Illusion.

Die schwierigste aller Methoden bestand aus einer Mischung der beiden klassischen Effekte: "Forced-Perspective" und "Motion-Control". Der klassische Aufbau für eine "Forced-Perspective" ist in der Theorie gar nicht so kompliziert. Der Trick besteht eigentlich nur darin, dass man ein Objekt oder eine Person einfach weiter von der Kamera entfernt platziert als eine andere. Und schon erscheint die Person im Hintergrund kleiner. Dies funktioniert aber nur, solange die Kamera sich nicht bewegt, denn sonst würde durch die perspektivische Bewegung der Trick offenbart. Die Effekt-Kameraleute hatten also die Aufgabe, das alte Prinzip der "Forced-Perspective" so zu verändern, dass eine Kamerabewegung möglich ist. Die unterschiedlich großen Personen oder Gegenstände im Hintergrund mussten sich also prinzipiell entgegen der Kamera bewegen. Also begann man zu experimentieren! Man setzte beispielsweise den Schauspieler im Hintergrund auf eine Plattform, die sich in dem Moment zu bewegen begann, in dem auch die Kamera sich bewegte, und zwar in die genau entgegengesetzte Richtung. Da das Ganze natürlich auf den Millimeter genau stimmen musste, übernahm Kollege Computer die Steuerung. Und siehe da: Es funktionierte!


Design

Eine eigene Welt zu entwerfen, stellte Production Designer Grant Major vor zwei gewaltige Aufgaben: Zunächst einmal musste er den gewaltigen logistischen Aufwand bewältigen, den die zahlreichen und aufwändigen Drehorte darstellten. Und zweitens hatte er eine durch und durch glaubwürdige Welt zu erschaffen, die bis ins kleinste Detail ausgearbeitet war. Dabei arbeitete er eng mit den beiden bekannten Tolkien-Illustratoren John Howe und Alan Lee zusammen. Selten wurde ein Buch verfilmt, in dem der Look der Charaktere, der Kreaturen und der Landschaften so sehr von der Arbeit von Illustratoren geprägt war wie beim ‚Herrn der Ringe’. Major bezog sich stark auf die Arbeiten der beiden Künstler. Diese brachten ihre jahrzehntelange Erfahrung mit dem Werk Tolkiens mit. Lee und Howe besitzen jeder ihren ganz eigenen Stil: Lees Einfluss ist vor allem im ersten Film zu sehen, in Bruchtal und dem Auenland. Die oft düstere Atmosphäre von Howes Bildern passte hervorragend zu den dramatischeren Ereignissen gegen Ende der Geschichte.

Um die Sets zu gestalten, musste Major zunächst für jedes der Völker Mittelerdes einen eigenen Stil entwerfen. Das Auenland ist eine der wichtigsten Orte der Geschichte, auch wenn der größte Teil der Handlung woanders spielt. Die Heimat der Hobbits symbolisiert zu Anfang eine Art heile Welt, einen Ort, an dem die Außenwelt einen nicht berühren kann. Die neuseeländische Armee half das Stück Farmland, das man als Hobbingen auserkoren hatte, komplett "umzugraben". Danach wurde alles neu bepflanzt, sodass man sich dort ein idyllisches Hobbitdorf mit blühenden Gärten und Gemüsebeeten vorstellen konnte. Major versuchte, wo es möglich war, mit realistischem Material zu arbeiten. Er benutzte Eichenholz, um das Innere von Beutelsend auszubauen. Dies war gar nicht so einfach, da ja in einer Hobbithöhle alles ziemlich rund ist, und das Holz mit heißem Dampf gebogen werden musste.

Auch in Bruchtal wurde viel Holz verarbeitet. Grundidee dieses Sets war die Offenheit der Struktur, die Drinnen und Draußen verschwimmen ließ. Durch die an organischen Formen orientierten Dekorationen und Ornamente sollte ein fließender Übergang zwischen der Natur und dem Haus der Elben entstehen. Major wollte, dass dieser letzte sichere Hafen auf der Reise nach Osten eine vergängliche und herbstliche Stimmung vermitteln sollte. Die Zeit der Elben in Mittelerde ist vorbei, und dies spiegelt sich auch in ihren Heimstätten wieder.

Auch in Kazad-dûm, der alten Stadt der Zwerge, in Moria sollte eine solche Verankerung von Zeit und Raum, die Historie des Ortes zum Ausdruck kommen. Man wählte kühle Farben, um die Vergänglichkeit zu unterstreichen. Gerade in Moria musste Major mehrere Ebenen verwirklichen. Es sollte deutlich werden, dass dies einst eine prächtige, unterirdische Stadt gewesen ist, geschaffen von einem Volk, das meisterhaft den Stein bearbeitete. Aber dies liegt schon weit in der Vergangenheit. Seit diesen ruhmreichen Tagen hat die Zeit und die Zerstörungswut der Orks ihre Spuren hinterlassen. Major verband die natürliche Form des Felsens mit architektonischen Strukturen. Die Architektur der Zwerge sollte eine gewisse Funktionalität ausstrahlen, schließlich kann man sich vorstellen, dass es eine statische Meisterleistung gewesen sein musste, eine ganze Stadt unter dem Berg zu bauen.

"Die Erschaffung einer ganz eigenen Welt war eine Herausforderung", erzählte Major. "Wir haben jedes Detail der Requisiten selber gemacht, vom Glas der Fenster bis hin zu den Bäumen." Auf diese Weise kann der aufmerksame Zuschauer immer wieder neue Dinge entdecken, die Mittelerde real erscheinen lassen.