Die Legende von Sigurd und Gudrún
The Legend of Sigurd & Gudrún |
von J. R. R. Tolkien; HarperCollins, London 2009 ISBN 0007317239 Hardcover, 377 Seiten Sprache: Englisch Illustrationen: 7 schwarzweiße Zeichnungen; faksimilierte Manuskriptseite als Frontispiz |
Unter dem Titel The Legend of Sigurd and Gudrún („Die Legende von Sigurd und Gudrún“) wurden am 5. Mai 2009 zwei Stabreimgedichte J. R. R. Tolkiens posthum von dessen Sohn Christopher erstveröffentlicht. Die Gedichte sind eine Neufassung der Geschichte vom Drachentöter Sigurd und dem Fall der Niflungen nach Vorlage der Edda. Sie umfassen insgesamt 505 (in der Regel) achtzeilige Strophen.
Inhalt
Das Buch enthält ein Vorwort von Christopher Tolkien,[1] sowie eine Einleitung, editiert aus dem Skript einer Vorlesung Tolkiens über die Ältere Edda. Außerdem fügte Christopher Anmerkungen über die Versform und Entstehung der Gedichte hinzu. Zu jedem der beiden Gedichte verfasste er Kommentare, die die Handlung erläutern und auf größere Abweichungen der Gedichte von ihrer Vorlage hinweisen.
In den Anhängen erläutert Christopher kurz die Ursprünge der hier behandelten eddaischen Sagen und gibt noch einige Versfragmente seines Vaters wieder.
Das Kernstück des Buches jedoch sind zwei eng zusammengehörige Gedichte, die in dieser Edition veröffentlicht werden:
The New Lay of the Völsungs
Völsungakviða en nýja – eða Sigurðarkviða en mesta, „Das Neue Lied der Völsungen – das Längste Lied von Sigurd“, erzählt die Geschichte des Geschlechts der Völsungen.
Das Gedicht beginnt mit einem Schöpfungsbericht, in dem auch eine Seherin verkündet, dass nur der „Auserwählte der Welt“ beim Ragnarök die Welt retten können wird.
Loki, der mit Ódin durch die Welt wandert, tötet einen Otter und zieht ihm das Fell ab. Als die Götter später bei Hreidmar um Unterkunft bitten, erkennt dieser das Fell als das seines Sohnes Otr, der Ottergestalt annehmen konnte. Hreidmar, mit Hilfe seiner Söhne Regin und Fáfnir, schlägt die Götter in Ketten und verlangt Wergeld für seinen Sohn Otr: so viel Gold, dass es das Fell füllt und vollständig bedeckt. Loki erpresst das Gold von dem Zwerg Andvari – auch den letzten Ring, den Andvari zurückbehalten will. Andvari verflucht den Ring. Loki kehrt mit dem Schatz zu Hreidmar zurück, das Fell wird gefüllt und bedeckt. Zuletzt ist nur noch ein einzelnes Haar zu sehen, das Loki widerwillig mit Andvaris Ring bedeckt. Daraufhin entlässt Hreidmar Ódin und Loki.
König Völsung, ein Nachkomme Ódins, zeugt mit einer Walküre die Zwillinge Sigmund und Signý. Signý wird gegen ihren Willen mit Siggeir, dem König von Gautland, verheiratet. Auf der Hochzeitsfeier erscheint Ódin und stößt ein Schwert in einen Baumstamm. Nur Sigmund ist in der Lage, das Schwert wieder herauszuziehen. Nach der Hochzeit reisen Völsung und seine Söhne zu einem Fest nach Gautland, doch sie werden von Siggeirs Kriegern hinterhältig angegriffen. Völsung wird getötet, alle seine Söhne gefangen genommen. Doch Signý sorgt dafür, dass Sigmund als Einziger entkommen und sich verstecken kann. Sie schläft mit ihrem Bruder und bekommt einen Sohn von ihm, Sinfjötli, der von seinem Vater erzogen wird. Später rächen Sigmund und Sinfjötli sich, töten Siggeir und setzen seine Halle in Brand. Doch Signý entscheidet sich, ebenfalls in den Flammen umzukommen. Onkel und Sohn kehren heim, doch Sigmund nimmt sich eine Frau, die Sinfjötli hasst und ihn vergiftet.
Als alter Mann nimmt Sigmund Sigrlinn zur Frau. Doch die sieben Freier, die erfolglos um Sigrlinn geworben haben, greifen Sigmund an. Ódin erscheint in der Schlacht und zerbricht Sigmunds Schwert, der daraufhin getötet wird. Sigrlinn wird von dem Sieger zur Frau genommen und gebiert Sigurd, Sigmunds Sohn. Sigurd wird von Regin, Hreidmars Sohn, aufgezogen.
Regin drängt Sigurd dazu, seinen Bruder, den Drachen Fáfnir (ebenfalls ein Gestaltwandler), zu töten. Er berichtet, dass Fáfnir von seinem Vater einen Anteil vom Wergeld seines Bruders verlangt habe. Als Hreidmar dem nicht nachkommen wollte, habe Fáfnir seinen Vater getötet und den Schatz für sich allein behalten. Aus den Bruchstücken von Sigmunds Schwert schmiedet Regin für Sigmund das Schwert Gram; von Ódin bekommt Sigmund das Pferd Grani, das von Ódins Pferd Sleipnir abstammt. Regin zeigt Sigurd den Weg zu Fáfnirs Höhle, und Sigurd tötet den Drachen. Regin, der sich versteckte als der Drache kam, schneidet nun seinem Bruder das Herz heraus. Er bittet Sigurd, es ihm zu braten. Als Sigurd das Blut an seinen Fingern ableckt, versteht er plötzlich die Sprache der Vögel. Er hört zwei Vögel, die sich darüber unterhalten, dass er das Herz lieber selbst essen und sich vor Regin in Acht nehmen sollte. Sigurd bemerkt, dass Regin ihn hinterrücks ermorden will, doch er schafft es ihn zu töten. Er lädt Grani Fáfnirs Schatz auf, setzt sich Fáfnirs Helm auf und reitet davon.
Auf dem Weg bemerkt Sigurd ein übernatürliches Feuer auf dem Gipfel eines Berges. Grani springt durch das Feuer, das eine Burg umschließt. In der Burg findet Sigurd einen schlafenden Krieger. Er nimmt ihm den Helm ab und entdeckt, dass es sich um eine Frau handelt; er schneidet das Kettenhemd auf, und die Kriegerin erwacht aus dem übernatürlichen Schlaf. Sie ist die Walküre Brynhild, die geschworen hat, nur den „Auserwählten der Welt“, den Drachentöter, zu heiraten. Sigurd gibt sich als der Drachentöter zu erkennen, und sie verloben sich. Doch Brynhild kehrt in ihr eigenes Reich zurück, und erwartet von Sigurd, dass er die Königswürde erlangt, bevor sie heiraten.
Sigurd kommt nach Borgund, an den Hof König Gjúkis. Er zieht mit den Söhnen des Königs, Gunnar und Högni, in die Schlacht, wo er Siege erringt, Ruhm erwirbt und das Königreich seines Vaters zurückerobert. Doch Ódin schickt ihn zurück nach Borgund. Grímhild, Gjúkis Frau, will Sigurd mit ihrer Tochter Gudrún verheiraten. Daher gibt sie Sigurd einen Zaubertrank, der ihn Brynhild vergessen lässt. Er verliebt sich in Gudrún, heiratet sie und schwört mit ihren Brüdern Treueeide.
Brynhild wird von zahlreichen Freiern umworben, da ihre Schönheit weithin berühmt ist, doch sie tötet ihre Freier. Ódin verpflichtet sie, innerhalb von zwei Jahren zu heiraten. Daraufhin umgibt sie ihre Burg mit übernatürlichem Feuer und macht es zur Bedingung, dass, wer sie heiraten will, das Feuer durchreiten muss.
Grímhild erfährt von Brynhild und beschließt, dass Gunnar sie zur Frau nehmen soll. Sie gibt ihm einen Zaubertrank und schickt ihn mit Sigurd auf den Weg. Gunnar schafft es nicht, das Feuer zu durchreiten, auch nicht auf Grani. Daher trinkt Sigurd den Zaubertrank, der ihn wie Gunnar aussehen lässt. Er durchreitet das Feuer auf Grani und gibt sich Brynhild gegenüber als Gunnar aus. Er besteht darauf, dass sie ihren Eid, den zu heiraten, der das Feuer überwindet, erfüllen muss. Sie legen sich schlafen, doch Sigurd legt Gram nackt zwischen sie. Am Morgen nimmt er Brynhild im Schlaf den Verlobungsring ab, den er ihr zuvor gegeben hatte, und steckt ihr statt dessen Andvaris Ring an. Später kommt Brynhild nach Borgund und heiratet Gunnar. Dort entdeckt sie, dass Sigurd ihre Verlobung gebrochen hat; als Sigurd Brynhild sieht, fällt der Zauber des Vergessens von ihm ab und er erinnert sich an seine Verlobung mit ihr.
Brynhild provoziert Gudrún damit, dass ihr Mann königlicher sei, da er ihr übernatürliches Feuer bezwungen habe. Gudrún verhöhnt sie und zeigt ihr, dass sie Brynhilds Ring trägt. So erfährt Brynhild, dass sie betrogen wurde. Sie will sich rächen und behauptet daher Gunnar gegenüber, Sigurd habe mit ihr geschlafen. Gunnar bringt daher seinen Halbbruder Gotthorm dazu, Sigurd zu töten. Nachdem Sigurd tot ist, bringt auch Brynhild sich um. Sie und Sigurd werden Seite an Seite verbrannt.
The New Lay of Gudrún=
Guðrúnarkviða en nýja – eða Dráp Niflunga, „Das Neue Lied von Gudrún – die Erschlagung der Niflungen“
Werkgeschichte
Kapitelübersicht |
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Laut dem Verlag verfasste Tolkien die Gedichte im Lauf der 1920er und 30er Jahre.
Als Vorlage dienten Tolkien die Sigurd-Gedichte der Älteren Edda, deren Manuskript leider nicht vollständig ist. Daher muss Tolkien auf die Völsungen-Saga zurückgegriffen haben, die eine Prosa-Wiedergabe einiger Gedichte der Edda ist.
Ausgaben
Neben der Standard-Hardcoverausgabe, die Illustrationen enthält, erschienen noch zwei Liebhaberausgaben der Legend of Sigurd and Gudrún:
- Exclusive Deluxe Edition: limitiert auf 500 Exemplare, signiert von Christopher Tolkien, enthält eine faksimilierte Seite aus Tolkiens Manuskript, handgebunden in Ziegenleder, mit goldenem Seitenschnitt, in mit Veloursleder ausgeschlagener Aufbewahrungsbox (ISBN 000731972X)
- Deluxe collector’s edition: enthält eine faksimilierte Seite aus Tolkiens Manuskript, Hardcover mit Goldprägung, im Schuber (ISBN 0007317255)
Außerdem wurde The Legend of Sigurd and Gudrún von Brian Cox als Hörbuch eingelesen (ISBN 0007318820).
Illustrationen
Die Illustrationen (von Bill Sanderson)[2] sowie das Umschlagfoto haben die Schnitzereien auf dem Türrahmen des ehemaligen Westportals der Stabkirche von Hylestad (im südlichen Norwegen) zur Grundlage. Die Schnitzereien zeigen Szenen aus der Sage von Sigurd. Heute werden die Türpfosten in der Universitetets Oldsaksamling in Oslo aufbewahrt.[3]
Das Umschlagfoto zeigt Grani (Sigurds Pferd) mit Fáfnirs Schatz auf dem Rücken. Die Illustrationen im Innern des Buches, zu Beginn jeden Kapitels, zeigen (in der Reihenfolge, in der sie im Buch erscheinen):
- Regin beim Schmieden des Schwertes für Sigurd
- Regin stellt ein Schwert auf die Probe
- Sigurd tötet Fáfnir
- Sigurd probiert von Fáfnirs Blut
- Gunnar spielt in der Schlangengrube (mit den Füßen) Harfe
- Grani mit der Schatztruhe auf dem Rücken
- Sigurd tötet Regin
Die letzten drei Motive sind auf dem Türrahmen umgekehrt angeordnet, folgen dort also der Reihenfolge der Geschichte.
Übersetzung
Klett-Cotta plant eine deutsche Übersetzung der Legend of Sigurd and Gudrún. Da die Übersetzung der alliterierenden Langgedichte aber eine komplexe und herausfordernde Aufgabe darstellen, wurde noch kein Erscheinungstermin angekündigt. Bisher ist nicht bekannt, wer die Gedichte übersetzen wird.
Rezensionen
- Tolkien out-Wagners Wagner von Tom Shippey, in The Times Literary Supplement
- The Legend of Sigurd and Gudrún by J.R.R. Tolkien, edited by Christopher Tolkien von John Garth, in The Times
- An Old Norse Legend, Courtesy of J.R.R. Tolkien von Marjorie Burns, im Wall Street Journal
Anmerkungen
- ↑ Das Vorwort wurde im Internet auszugsweise vorabveröffentlicht: Christopher Tolkien’s Foreword to ‘Sigurd and Gudrún’!
- ↑ www.billsandersonart.com
- ↑ Stabkirche (deutsche Wikipedia)
Quellen
- www.tolkien.co.uk – Informationen zum Buch und den Ausgaben auf der Seite von HarperCollins
- www.facebook.com – Die Facebook-Seite zu The Legend of Sigurd and Gudrún
- www.herr-der-ringe-film.de – Berichterstattung über die geplante Veröffentlichung
- www.tolkien-buecher.de – „The Legend of Sigurd and Gudrún auch in deutscher Übersetzung“
- Sacnoth’s Scriptorium – Kommentar zur ersten Vorankündigung in John D. Rateliffs Blog